Samstag, April 23, 2005

Die Welt der Medien

Bevor ich den Medienexkurs starte, kommt hier noch eine Ergänzung zum Alkoholverbot in Island. Anfang des 20.Jahrhunderts wurde der Alkohol auf Grund der ausufernden Gelage im Lande mit Hilfe einer Bürgerinitiative verboten. Bald darauf meldeten sich jedoch die Spanier, die den Isländern ziemlich deutlich machten, dass wenn sie nicht mehr den guten spanischen Wein abnähmen, sie sich ihren Fisch sonst wohin stecken können. Das wollte man nun auch wieder nicht, so wurde leichter Rot- und Weißwein wieder erlaubt. Nach und nach wurden die Verbote wieder aufgelockert und als letztes fiel das Bierverbot am 01.03.1989, für viele Isländer ein zweiter Nationalfeiertag. Bis heute ist der Alkoholerwerb ausschließlich in den staatlichen Alkoholläden möglich. Wenn man diese Waren einkauft, sagt man, man gehe zum „Staat“, einkaufen. In den Tanken und Supermärkten gibt es keinen Tropfen. Kneipen dürfen paradoxer Weise Flaschen zum mitnehmen verkaufen, die jedoch sündhaft teuer sind.

In den letzten Tagen habe ich vermehrt auf die isländischen Medien geachtet. Bemerkenswert ist, dass bis in die 70er Jahre donnerstags das staatliche Fernsehen nicht sendete, damit die Fernsehmacher auch mal einen Tag frei haben. Heute gibt es einen öffentlich-rechtlichen (ÖR), mehrere private payTV Vollprogramme und einen frei empfangbaren Musikkanal, der zwar nicht so viel nervige Klingeltonwerbung hat, dafür aber nur 10 Songs in der Rotation. Es kommt mir zumindest so vor. Der Isländer liebste deutsche Band ist übrigens Rammstein. Heutzutage passiert es öfter, dass der Sender nicht sendet und einfach ein Testbild schaltet. Pannen und Ausfälle sind hier häufig. Dies liegt zum großen Teil daran, dass die Posten im ÖR politisch besetzt werden. Kurz vor der Wahl versucht die Regierungspartei, schnell noch alle Parteifreunde unter zu kriegen. So wurde vor kurzem die vakante Stelle des Nachrichtenleiters mit einem 34 Jährigen Parteifreund besetzt, der überhaupt keine Ahnung vom „Fernsehenmachen“ hat. Dies merkt man dann dem Programm auch an. Es ist vergleichbar mit den Lokalnachrichten in den 70er Jahren. Da es keine wirkliche Konkurrenz gibt, wird sich daran sicher auf absehbare Zeit nichts ändern. Auf dem Printmarkt gab es lange Zeit nur eine Zeitung, das „Morgunblaðið“.



In den 80er Jahren kam die „DV“, eine Art Bildzeitung. Die heute größte Zeitung kam erst in den 90er Jahren. Das „Fréttablaðið“ ist ein Gratisblatt, welches nach Hause geliefert wird und sich durch Werbung finanziert. Jedoch ist es inhaltlich ganz akzeptabel und nicht mit den Käseblättern wie Schaufenster und Extrablatt zu vergleichen, eher mit den in den späten 90er Jahren in Köln ausliegenden Gratis-Zeitungen 20minuten etc. So konnte das Blatt immer mehr Leser gewinnen und vor kurzem die DV übernehmen.



Die DV hat auf der Titelseite immer Geschichten wie diese: Die Mutter eines Basketballspielers baut nach dem Spiel einen Verkehrsunfall und fährt weiter. Wohlgemerkt einen Unfall mit lediglich leichtem Blechschaden!



Auch im TV sind die Hauptthemen im Fischfang und den bunten Nebensächlichkeiten wie Kinderfeste zu finden. Unangenehme und umstrittene Themen wie Walfang und Europäische Union werden bewusst von den in politischer Hand liegenden Medien ausgeklammert.
Im Grunde sind die Isländer den Kölnern nicht ganz unähnlich, neben der oben erwähnten Ämterschieberei ohne Rücksicht auf Kompetenz – auch bei zu besetzenden Richterämtern – ist es unüblich einen Gegenkandidaten aufzustellen, wenn der amtierende Vorsitzende, Präsident etc. wieder kandidiert. Das ist so auf der kleinsten Ebene, dem Kaninchenzüchterverein, genauso wie auf der größten, der Wahl des Staatspräsidenten. Es kam hier nur zweimal vor, dass es überhaupt einen Gegenkandidaten gab, wenn sich der amtierende Präsident zur Wiederwahl stellte, die jedoch ohne Chance waren. Siege mit bis zu 96% waren durchaus keine Seltenheit. Der aktuelle Präsident kam jedoch nur auf 60%. Dies lag daran, dass er ein Gesetz nicht unterzeichnete. Die konservativen Parteien verabschiedeten ein Mediengesetz, um eine Übermacht der Gratiszeitung „Fréttablaðið“ zu verhindern. Die linken Parteien waren gegen dieses Gesetz – eine eher ungewöhnliche Konstellation, so hätte man doch eine umgekehrte Meinung der verschiedenen Lager erwartet - , konnten sich aber Mehrheitsbedingt nicht durchsetzen. Der ehemals kommunistische Präsident lehnte das Gesetz nun aber ab und unterzeichnete es nicht, so dass es nicht in Kraft treten konnte. Die Quittung gab es durch das magere Wahlergebnis von gerade mal 60%. Soviel zu dem kleinen Exkurs in die Medienwelt und Politik des Landes. Ach ja, da fällt mir ein, liebe Frankfurter. Wie wäre es mit einer Wohnung in dem schönen Stadtteil Hahn? ;-) Da werden die Isländer ganz schön staunen, wenn sie Frankfurt erwarten und Hahn bekommen!