Sonntag, April 24, 2005

Weiß

Jetzt weiß ich warum Island seinen Namen trägt. Eisland.



Nach getaner Arbeit habe ich mich auf den Weg gemacht, ein wenig die Natur Islands zu erkunden



und war mit zwei Kennern der Szene unterwegs. Leider nicht der dortigen Schneeszene. Da ich natürlich in Þingvellir, einem Nationalpark 50km von Reykjavik entfernt, mit meinen wasserdichten Trekking-Tretern nicht auf dem Weg, sondern daneben im Schnee laufen wollte, fragte ich, ob es denn hier Gletscherspalten o.ä. gebe. Als dieses verneint wurde – ok, ich habe die Antwort nicht wirklich abgewartet – stand ich schon mit einem Bein zwar nicht im Grab, aber im Schnee, ca. einen Meter, der mich anscheinend nicht tragen konnte und somit die Schwerkraft mal wieder den Kampf gegen mich gewann.



Da guck ich! Bei der Kaputze handelt es sich übrigens um eine Tarnkappe, wie man hier sehr fein erkennen kann, bzw. vielmehr nicht erkennt.



Und? Gesehen? Nach mehreren Erkundungen die Temperatur und Fließgeschwindigkeit des Wassers betreffend



Kehrte ich selbigen den Rücken und erblickte diese seltsamen Felsformationen



Hier in dem Nationalpark erkennt man deutlich die Auswirkungen der Kontinentalplatten-Verschiebungen. In Island driften die nordamerikanische und die eurasische
Lithosphärenplatte langsam auseinander und haben eben jenen Graben gebildet, der das ganze Land durchzieht. Man liegt sogar nicht ganz falsch, wenn man sagt, man wäre in fünf Minuten von Europa nach Amerika gelaufen. Die Geologen unter Euch dürfen mich gerne verbessern, um mein gefährliches Halbwissen zu erweitern.

Wenn man nun weiter ins Tal geht, gelangt man an einen Fluß, der direkt zum Alþing, dem ersten Regierungssitz Islands (930-1789), führt. Ich sitze da noch ganz fröhlich, nicht wissend welche brutalen Ereignisse dort vor langer Zeit geschahen.



An dieser Stelle des Flusses wurden die im Alþing gefällten Todesurteile direkt vollstreckt, indem die „Sünder“ dort ertränkt wurden. Ganz im Gegenteil zur heutigen, sehr emanzipierten, isländische Bevölkerung, wurden dort zumeist Frauen wegen Ehebruchs und anderer Hexereien getötet. Den Weg weiter hinunter gelaufen, gelangt man zu dem Versammlungsort, wo einmal im Jahr ein Großteil der Bevölkerung zusammen kam.



Auf der Ebene im Hintergrund (Þingvellir= Ebene der Versammlung) traf man sich, um Streitigkeiten zu belegen, Neuigkeiten auszutauschen und zu handeln, aber natürlich auch, um sich zu verlieben.
Die Stammesführer durften von oben auf das Volk herabsehen und Urteile fällen, so wie in dieser von ländlichen Laiendarstellern nachgespielten Szene.



Man achte auf den Stein oben links, der wie im Felsen eingeklemmt erscheint. Dieser unscheinbare Stein wachte über die Gerechtigkeit. Er ist der Wahrheitsstein und stürzt hinab, sobald die Unwahrheit gesprochen wird. Da der Stein noch immer an seiner Stelle liegt, kann man ruhigen Gewissens behaupten, dass die Isländer ein ehrliches Volk sind.

An bizarren Flusslandschaften vorbei, die noch fest in der Hand des Winters waren,



habe ich sie bändigen können - die wilden kleinen Isländer.



Die Ruhe und Gelassenheit dieser Tiere ist wirklich faszinierend. Selbst von einem umherwirbelnden Touristen, wie ich es war, ließen sie sich nicht irritieren und schienen sich im Schnee richtig wohl zu fühlen.



Auf jeden Fall haben diese Tierchen meinen Humor



Geritten bin ich hier noch nicht, aber bald werde ich mir so ein ein PS starkes, geländegängiges Viehhicle für eine Tour besorgen. Weiter ging es dann mit unserem mehrere PS starkem Fahrzeug, vorbei an Bergseen und weiten Landschaften



Bei den Straßenverhältnissen, die hier selbst im Frühjahr noch herrschen, wird deutlich, dass man mit Allradantrieb im Vorteil ist. Viele Strassen sind hier nicht passierbar. Jedoch sind Hauptstrassen wie die 1, die einmal um die Insel geht oder aber auch größere Strassen für normale PKWs gut passierbar, wenn man von dem ein oder anderen Schlagloch absieht. Ein Smart sollte besser nicht genutzt werden, da er schnell in einem Schlagloch versinken könnte.



Ihr kennt doch sicher auch alle die netten Schilder an der Autobahn „Gelassen geht’s schneller“, „Gurt „klick“ immer“ und „Rücksicht kommt an“, mit denen die Autofahrer vor all zu riskanten und rabiaten Fahrweisen abgehalten werden sollen. Anscheinend sind die Isländer auch nicht die bravsten Autolenker, jedoch fallen die Warnschilder hier doch deutlich drastischer aus.



An der Tafel werden immer die Zahl der Todesopfer aktualisiert, jedoch fand ich die Zahl von fünf Toten für Island seit Anfang des Jahres, auch bei einer Einwohnerzahl von 330.000, nicht sonderlich hoch, zumal die Straßen hier zum Teil abenteuerlich sind.

Auf der Rückfahrt nach Reykjavik habe ich dann auch die Quelle des wärmenden Nasses, welches die Stadt nie frieren lässt, entdeckt



Von hier aus wird das bis zu 200 Grad heiße Wasser in Leitungen nach Reykjavik gepumpt, wobei die Leitungen nicht sonderlich isoliert sind. Der große Wärmeverlust lässt sich verkraften. Wer will denn schon bei 80 Grad heißem Wasser duschen, der Temperatur, mit der das Wasser hier ankommt. Interessanter Weise befindet sich einer der kältesten Seen Islands nicht weit von hier. Bei Temperaturen um -2 Grad ist dies sicher nichts für Warmduscher!



Zurück aus den Bergen fuhr man aus den Wolken wieder in die Stadt, die einen bei Sonnenschein empfing



So setzt sich nun auch in der Stadt langsam der Sommer durch.



Wird aber auch Zeit! Denn Dank der Bonner Sonnenstrahlen ist es jetzt hier bei angenehmen 10 Grad richtig warm geworden.

Samstag, April 23, 2005

Die Welt der Medien

Bevor ich den Medienexkurs starte, kommt hier noch eine Ergänzung zum Alkoholverbot in Island. Anfang des 20.Jahrhunderts wurde der Alkohol auf Grund der ausufernden Gelage im Lande mit Hilfe einer Bürgerinitiative verboten. Bald darauf meldeten sich jedoch die Spanier, die den Isländern ziemlich deutlich machten, dass wenn sie nicht mehr den guten spanischen Wein abnähmen, sie sich ihren Fisch sonst wohin stecken können. Das wollte man nun auch wieder nicht, so wurde leichter Rot- und Weißwein wieder erlaubt. Nach und nach wurden die Verbote wieder aufgelockert und als letztes fiel das Bierverbot am 01.03.1989, für viele Isländer ein zweiter Nationalfeiertag. Bis heute ist der Alkoholerwerb ausschließlich in den staatlichen Alkoholläden möglich. Wenn man diese Waren einkauft, sagt man, man gehe zum „Staat“, einkaufen. In den Tanken und Supermärkten gibt es keinen Tropfen. Kneipen dürfen paradoxer Weise Flaschen zum mitnehmen verkaufen, die jedoch sündhaft teuer sind.

In den letzten Tagen habe ich vermehrt auf die isländischen Medien geachtet. Bemerkenswert ist, dass bis in die 70er Jahre donnerstags das staatliche Fernsehen nicht sendete, damit die Fernsehmacher auch mal einen Tag frei haben. Heute gibt es einen öffentlich-rechtlichen (ÖR), mehrere private payTV Vollprogramme und einen frei empfangbaren Musikkanal, der zwar nicht so viel nervige Klingeltonwerbung hat, dafür aber nur 10 Songs in der Rotation. Es kommt mir zumindest so vor. Der Isländer liebste deutsche Band ist übrigens Rammstein. Heutzutage passiert es öfter, dass der Sender nicht sendet und einfach ein Testbild schaltet. Pannen und Ausfälle sind hier häufig. Dies liegt zum großen Teil daran, dass die Posten im ÖR politisch besetzt werden. Kurz vor der Wahl versucht die Regierungspartei, schnell noch alle Parteifreunde unter zu kriegen. So wurde vor kurzem die vakante Stelle des Nachrichtenleiters mit einem 34 Jährigen Parteifreund besetzt, der überhaupt keine Ahnung vom „Fernsehenmachen“ hat. Dies merkt man dann dem Programm auch an. Es ist vergleichbar mit den Lokalnachrichten in den 70er Jahren. Da es keine wirkliche Konkurrenz gibt, wird sich daran sicher auf absehbare Zeit nichts ändern. Auf dem Printmarkt gab es lange Zeit nur eine Zeitung, das „Morgunblaðið“.



In den 80er Jahren kam die „DV“, eine Art Bildzeitung. Die heute größte Zeitung kam erst in den 90er Jahren. Das „Fréttablaðið“ ist ein Gratisblatt, welches nach Hause geliefert wird und sich durch Werbung finanziert. Jedoch ist es inhaltlich ganz akzeptabel und nicht mit den Käseblättern wie Schaufenster und Extrablatt zu vergleichen, eher mit den in den späten 90er Jahren in Köln ausliegenden Gratis-Zeitungen 20minuten etc. So konnte das Blatt immer mehr Leser gewinnen und vor kurzem die DV übernehmen.



Die DV hat auf der Titelseite immer Geschichten wie diese: Die Mutter eines Basketballspielers baut nach dem Spiel einen Verkehrsunfall und fährt weiter. Wohlgemerkt einen Unfall mit lediglich leichtem Blechschaden!



Auch im TV sind die Hauptthemen im Fischfang und den bunten Nebensächlichkeiten wie Kinderfeste zu finden. Unangenehme und umstrittene Themen wie Walfang und Europäische Union werden bewusst von den in politischer Hand liegenden Medien ausgeklammert.
Im Grunde sind die Isländer den Kölnern nicht ganz unähnlich, neben der oben erwähnten Ämterschieberei ohne Rücksicht auf Kompetenz – auch bei zu besetzenden Richterämtern – ist es unüblich einen Gegenkandidaten aufzustellen, wenn der amtierende Vorsitzende, Präsident etc. wieder kandidiert. Das ist so auf der kleinsten Ebene, dem Kaninchenzüchterverein, genauso wie auf der größten, der Wahl des Staatspräsidenten. Es kam hier nur zweimal vor, dass es überhaupt einen Gegenkandidaten gab, wenn sich der amtierende Präsident zur Wiederwahl stellte, die jedoch ohne Chance waren. Siege mit bis zu 96% waren durchaus keine Seltenheit. Der aktuelle Präsident kam jedoch nur auf 60%. Dies lag daran, dass er ein Gesetz nicht unterzeichnete. Die konservativen Parteien verabschiedeten ein Mediengesetz, um eine Übermacht der Gratiszeitung „Fréttablaðið“ zu verhindern. Die linken Parteien waren gegen dieses Gesetz – eine eher ungewöhnliche Konstellation, so hätte man doch eine umgekehrte Meinung der verschiedenen Lager erwartet - , konnten sich aber Mehrheitsbedingt nicht durchsetzen. Der ehemals kommunistische Präsident lehnte das Gesetz nun aber ab und unterzeichnete es nicht, so dass es nicht in Kraft treten konnte. Die Quittung gab es durch das magere Wahlergebnis von gerade mal 60%. Soviel zu dem kleinen Exkurs in die Medienwelt und Politik des Landes. Ach ja, da fällt mir ein, liebe Frankfurter. Wie wäre es mit einer Wohnung in dem schönen Stadtteil Hahn? ;-) Da werden die Isländer ganz schön staunen, wenn sie Frankfurt erwarten und Hahn bekommen!

Montag, April 18, 2005

Nachts

Wenn es dunkel wird in Reykjavik, kann man so einiges erleben. Von einer sonderbaren Begegnung eines Abends muß ich mit einer Metapher beginnend berichten. Stellt Euch einen Jäger vor, der auf seinem Hochsitz nach Wild Ausschau hält. Tief im Gras versteckt ist ein Rehlein, sich der Gefahr bewusst und denkt nach. Es kommt zu dem Schluß, dass es durchaus eine reelle Chance hat, wenn schon nicht unbemerkt, so doch zumindest ungesehen, zu entkommen. In etwa auf diese Weise



Doch der Jäger erblickt es und ein Schuß beendet die Stille. Tja, so hat sich das arme Rehlein getäuscht, durchaus fatal, ja sogar letal. Nun bitte ich Euch an Stelle des Rehs meine nackte ca. 70 Jährige Vermieterin vorzustellen, die mich die Treppe hochkommen hörte und ebenso der Meinung war, noch schnell ins Schlafzimmer zu huschen, wie das Reh dachte zu entkommen. Zu meinem Entsetzen hat sie es nicht geschafft. In einer Mischung aus flüchtendem Reh und einem Bühnenauftritt von Otto Walkes huschte sie durch mein Blickfeld. Nach anfänglichem visuellem Schock meinerseits kamen mir doch recht bald die Tränen vor Heiterkeit, ob der wahrlich abstrusen Situation. Bilder gibt’s - zum Glück – keine.

Doch nun zu den schönen Seiten der Nächte auf Island. Abends bietet sich einem ein Wechselspiel der Farben durch die langsam im Atlantischen Ozean untergehende Sonne, das bis ins Herzen von Reykjavik, der guten alten Laugavegur, zu sehen ist



Im Übrigen ist diese Strasse besonders beliebt; so versuchen die Isländer zumeist Abends auf der einspurigen Einbahnstrasse einen Stau zu veranstalten und schaffen es so zumindest auch in Island ein Verkehrschaos zu veranstalten. Hintergrund dieser Aktion ist jedoch vielmehr ein Sehen und gesehen werden zumeist junger Menschen mit ihren Autos. Viele dieser Pappenheimer sehe ich wirklich täglich die Lauga entlang cruisen, insbesondere mein Freund mit der Cobra. Mal sehen, evtl. hab ich Glück und kann ihn mal für Euch fotografisch festhalten.



Nachdem man sich mit dem Auto gezeigt hat, beginnt nun Teil zwei des Partyabends. Einkaufen. Und zwar in der staatlichen Vinbuð, einem Laden, wo es all die guten und teuren Sachen gibt. Diese Läden haben ein wenig den Charme von Beathe Uhse Shops. Mit verstohlenen Blicken verlässt man den Laden, in der Hoffnung nicht all zu viel Aufsehen ob seines Großeinkaufs gemacht zu haben.



Übrigens, bis Anfang der 90er Jahre war hier noch Bier illegal, lediglich die Deutsche und Österreichische Botschaft durften diese kleine Kostbarkeit ausschenken. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Empfänge dort äußerst beliebt waren.

Gut gestärkt sucht man nun eine Lokalität seiner Wahl aus, in der meistens eine Band live spielt. Ich bin dann mit ein paar Leuten in das NASA gegangen, wo die in Island sehr bekannte und beliebte Band Trabant zum Tanz aufspielte.



Leider stellen sich die Isländer was fotografieren in den Lokationen an geht ziemlich quer. So ist dies mit der abenteuerlichen Begründung verboten, es wären so viele Prominente da, die nicht gestört werden wollen. Bei ca. 120.000 Einwohnern scheint fast jeder prominent zu sein; dies geht hier halt was schneller. Also musste ich heimlich fotografieren.



Wer sich jetzt wieder denk, ah der Wiegand, wieder nur die Frauen vor der Linse, dem sei gesagt, dies ist ein Mann, die Frauen sind erst mit der nächsten Vorband zu sehen:



„Donna Mess“, eine wirklich abgefahrene electro music Band, die minimalistischen Electrosound aus dem Mac mit einer Gesangs-und Tanzperformance kombinierten. Das wäre doch was für unseren guten Freund Atomu! Die Hauptband Trabant bestach dann in einem Misch aus unerträglichen Pop bis hin zu grandiosem e-Music Avantgarde style.



Die Isländer neigen wirklich dazu, jeden Trend aufzunehmen und dann dermaßen übertrieben zu interpretieren, dass man sich ein schmunzeln nicht verkneifen kann. Diese Tendenz wurde mir dann auch von verschiedenen Seiten bestätigt, mit der Begründung dies sei ein „Inseltrauma“. Man versucht mit allen Mitteln davon abzulenken, dass man letzten Endes auf einer Insel lebt, die relativ isoliert ist. Jeder Trend wird daher dankbar als Flucht über die Grenzen der Insel aufgenommen. Auf den Herrentoiletten standen dann auch etliche Jungs vor dem Spiegel, um sich zu stylen oder man unterhielt sich ganz ohne Harndrang auf dem WC. Dieses kannte ich bis dato nur von der Krönung der Schöpfung, der Damenwelt. Aber Trend sei Dank, das Bier welches unsere Fahne wehen lässt, ist Becks. Kostet zwar 700 Kronen, also 9 €, aber um mehr Arbeit in Deutschland zu schaffen ist einem dies schon wert



Die Konzerte beginnen zumeist gegen 23:30 Uhr und enden um 2:30. Anschließend geht man nach Downtown, welches sich ca. 3! Gehminuten von dem bisherigen Veranstaltungsort entfernt befindet. In den dortigen Bars wird wieder gerockt und getanzt und getrunken, was das Zeug hält. Feiern können die hier ganz gut, dem kann ich nichts hinzufügen. Speziell die Live-musik Kultur, mit der jeder Abend beginnt, gefällt mir ganz gut und stellt einen angenehmen Kontrast zu den Konserven-CD-DJ-Parties in Deutschland dar.
Sehr gut gefiel mir das aus dem Film 101 Reykjavik bekannte Kaffibarinn, in dem – natürlich – fotografieren verboten ist. Trotzdem, seht selbst:



Gemütlich geht’s auch im Ölstofa zu, bei angenehmen Preisen von 500 Kronen, ca 7 €, für ein 0,4l Bier.





Wenn man eine Familie in Island besucht, darf es einen nicht verwundern, wenn die Nachnamen alle unterschiedlich sind. Meistens fällt dies auch nicht weiter auf, so spricht man sich generell mit Vornamen an. Die Einträge des isländischen Telefonbuchs sind daher auch nach den Vornamen sortiert. Ein kurzes Beispiel zur isländischen Namensgebung. Wäre Prinz Charles Isländer, so hieß er mit Nachnamen Phillipsson und Camilla nicht Parkerson sondern Vorname des Vaters plus dottir hinten dran. Die Kinder dieser und auch der vorherigen Beziehung Charles hießen mit Nachnamen Charlesson – auf dem Dach – bzw. Charlesdottir. Der Nachname richtet sich immer nach dem Vornamen des Vaters. In den 60er Jahren war es hier für Ausländer, die hier leben wollten, Pflicht, einen isländischen Namen nach dem oben beschriebenen Vorbild anzunehmen. Doch genug zur Landeskunde zurück zur Nacht, der Polarnacht.

Letzten Montag war es nachts sehr kalt, ca -10 Grad, und Dank des stürmischen Nordwindes kam es zu einem sternenklaren Himmel, der mir folgenden Blick von meiner kleinen Kochecke bot



Die Nordlichter, Aurora Borealis. Die schon angelegte Schlafgarnitur wieder ablegend schnappte ich mir meinen Fotoapparat, um gegen 12:30 wieder hinaus in die kalte Nacht zu gehen. Da man weiter unten am Atlantik weniger Lichteinflüsse hatte, versprach ich mir dort bessere Bedingungen, ein solches Schauspiel zu beobachten. Während meines ca. 20 minütigen Fußmarsches sah ich das Nordlicht als Streifen am Firmament. Am Atlantik angekommen, begann es wie ein Schleier im Wind zu schweben.





Ein wirklich fantastischer Anblick, sehr mythisch und beeindruckend. Als ich alle Fotos gemacht hatte und mich entspannt dem Sturm aussetzte, um die Polarlichter zu sehen, verabschiedeten sie sich langsam, gerade so, als ob sie mich von der Küche gelockt hätten, um mir am Atlantik dieses Schauspiel zu bieten. Und da soll man nicht an Elfen und Trolle glauben ;-) Die Stadt schien nun wieder zu schlafen, um wieder Kraft für neue Überraschungen zu tanken.

Montag, April 11, 2005

Von Goethe, SportlerInnen und wirklich dicken Dingern

Die Welt ist ein Dorf! So ist der Vater meines Vermieters, der Herr Stross, auf Grund seiner Verdienste in der Musik mit dem silbernen Ehrenschild der Stadt Siegburg ausgezeichnet worden. Da habe ich wirklich ganz schön dumm aus der Wäsche geschaut, als ich die Urkunde in meinem Zimmerchen hängen sah. Doch damit nicht genug, die Pianistin Susanne Kessel, die hier zu Gast war, kommt aus Bonn und lebt dort in der schönen Altstadt. Und nun kommts ganz dick. Eine Isländerin, Solrun, die ich kennen lernte, hat auch zwei Jahre in ... Trommelwirbel Bonn gelebt und zwar nicht irgendwo, sondern in der Niebuhrstrasse, im Haus neben meinem Bruder bei der selben Vermieterin. Sie behauptet sich zu erinnern wie mein Bruder ihr bei einer Fahrradreparatur geholfen hat. Daraufhin brach ich in schallendes Gelächter aus und sagte, dann wäre es nicht mein Bruder gewesen.
Kleiner Scherz, natürlich ist mein Bruder an vorderster Front, wenn er einer netten Dame helfen kann. Wer ihn kennt, weiß wie galant er ist bzw. sein kann. Kleine feine Welt!

Bevor es zu Goethe geht, hier noch ein flotter Blick auf das Haus, in dem ich lebe. Die Fenster ganz oben sind meine Almöhi- Fenster von wo aus ich auf Geißen-Peter und die guate Heidi blicken kann.



Das Goethe-Zentrum in Reykjavik ist wie ein Goethe-Institut, nur etwas kleiner. Jedoch hat man sich nicht lumpen lassen und mir meinen ersten Tag so heimisch wie nur möglich gemacht.



So hat der Deutschlehrerverband sehr zu meiner Freude zu Speis und Trank eingeladen. Seltsamer Weise wurde mein Englisch nach jedem Bier besser, ganz zu schweigen von meinem Isländisch.
Zu meinen Aufgaben gehören neben Bibliotheksarbeiten



auch Erstellen von Programmheften, wie hier das von Susanne Kessel



und natürlich Unterstützung des Leiters, Dr. Weiß, hier rechts im Bild bei neuen kulturellen Angeboten wie Lesungen, Konzerte und Filmabende deutscher Künstler, sowie trollhafte Tätigkeiten für Harpa, links im Bild, in deren Hand sich die Verwaltung befindet. Man kann sagen, es handelt sich hier um ein Triumvirat, immer auf der Suche nach neuen kulturellen Höhepunkten aus deutschen Landen.



Und manchmal, ganz selten, hat man Zeit, die Zeitung zu studieren, um dann Besuchern des Goethe-Zentrums immer von den aktuellen Ereignissen südlich des 66 Breitengrads berichten zu können.



Das Goethe-Zentrum liegt, der Name ist Programm, oberhalb einer Buchhandlung an der Haupteinkaufsstrasse Reykjaviks, also sehr zentral.





Mit einem oft unverbauten Blick auf die angrenzenden Berge hat man hier auch einen sehr angenehmen Weg zur Arbeit. Bei jedem Wetter – und davon gibt es hier seeeeeehhr sehr viel verschiedene, oft auch schnell hintereinander – erscheinen die Berge in einem anderen Licht.



Das Konzert von Susanne Kessel, die auch Body Double von Franka Potente in ihrem letzten Film „blue print“ war, war dann auch ein voller Erfolg. So freuten sich nicht nur die Zuschauer



sondern auch die drei bekanntesten Isländischen Komponisten (v.r.) Arni Egilsson, Þorkell Sigurbjörnsson und Atli Heimir Sveinsson



ja, auch ich war froh



zwar nicht über das Ergebnis der Championsleague, unser Troll Daniel hielt uns netter Weise auf dem Laufenden - sehr zur Freude der anwesenden Botschaftsmitarbeiter, sondern über den gelungenen Abend, der einen herrlichen Ausklang bei von der Botschaft gesponserten Wein hatte. Herrlich! Im Übrigen, die Isländer sind alle Chelsea-Fans, weil da einer der Ihren spielt. Eiður Smari Gudjonsen mit der Nummer 12, genannt, der schöne Blonde. Um ein paar Ecken sind die meisten hier auch gleich verwandt und so können sie quasi einem Familienmitglied zujubeln. Ok, gönnen wir ihnen dieses kurze Erfolgserlebnis, bevor am Dienstag die Lichter ausgehen.

Doch wie halten sich die Isländer eigentlich fit? Während meiner nicht mehr ganz so morgendlichen Runde um den Tjörn fiel mir dieses Grüppchen auf, die offensichtlich nicht ganz freiwillig um den See gejagt wurden. Wie sich nach mühevoller Recherche später herausstellte, handelte es sich hierbei um eine gymnasiale Schulklasse, die von Ihrer Lehrerin zum Laufen gezwungen wurden.



Interessant ist in Island, dass es eine Grundschule gibt, die bis zur 10. Klasse geht. Ab dort endet die Schulpflicht und man kann wie die Damen vom See zum Gymnasium gehen und dort dann in der 14. Klasse sein Abitur machen. Also von wegen die Deutschen sind immer die langsamsten. Aber sprachlich sind die lieben Leute hier wirklich versiert. Bis zum Jahr 2000 war Dänisch die erste Fremdsprache, gefolgt von Englisch, dass seit 2000 als erstes unterrichtet wird. Im Gymnasium hat man dann die Wahl, wo lange Deutsch mit 75% vorne im Rennen lag. In jüngster Zeit wird jedoch Spanisch immer beliebter, so dass Deutsch auf 50% zurückgefallen ist. Ihr seht aber, hier kommt man mit Englisch super durch, selbst der einfachste Frittenbudenmann kann gut Englisch und viele Studenten sogar Deutsch. Im Gegensatz zu Frankreich, wo selbst in manchen Touristen-Informationszentren nicht Englisch gesprochen wird, sei es aus Unkenntnis oder aus Unlust, ist dies hier die reinste Erholung. Selbst der derzeit berühmteste Asylant Bobby Fischer frohlockte jüngst in einem Zeitungsinterview, wie toll es hier sei, da ja jeder seine Sprache spräche. Zurück zum Sport. Wenn es im Tjörn nicht so kalt wäre, so wäre unsere kleine Sportlergruppe lieber in ihn hineingesprungen, als drumherum zu laufen, denn die Isländer lieben das Schwimmen. So ist dies auch ein Pflichtfach in der Grundschule. Geschwommen wird bei jedem Wetter und dank der heißen Quellen fast ausschließlich draußen. Und wenn man gerade nicht schwimmt, sitzt man in einem „hot pot“ und spricht über Gott und die Welt. Auch Fremde werden nicht ausgeschlossen, ob sie nun wollen oder nicht.



Hier ein „Hot Pot“:





Moderne Anlagen zur körperlichen Ertüchtigung gibt es hier natürlich auch. In diesem neuen Tempel des Schweißes findet man am Wochenende die Jugend, aber auch solche, die gerne jung bleiben würden.



Doch der Zahn der Zeit ist nicht aufzuhalten. In Würde altern sag ich da nur, denn die wirklich dicken Dinger findet man woanders, sie liegen förmlich auf der Strasse.





Das sind zwei Prachtexemplare, was!?!! Der schwarze Brummer steht übrigens unmittelbar vor dem Goethe-Zentrum, nur zur Orientierung. Autoverrückt sind sie also auch, die Isländer. Ich habe (relativ zur Dauer meiner Anwesenheit und der Einwohnerzahl) hier schon mehr Porsche gesehen als in Deutschland. Bevorzugt wird natürlich der Cayenne, der hier auch als stinknormales Taxi herumfährt, genauso wie die S-Klasse. Es scheint die Devise zu gelten größer, höher und breiter. Außerhalb der Stadt und abseits der Wege braucht man hier im Gegensatz zu Deutschland zwar wirklich geländegängige Fahrzeuge, doch „ausfahren“ kann man seine PS hier nirgends. Es gibt keine Autobahn und dafür überall Tempolimits. Es geht jedoch auch sanfter, nicht so ruppig, vielmehr blumig vorwärts



Euch allzeit gute Fahrt und beim nächsten Mal geht es dann hinaus in die Nacht.